WMR106 – Präsidial, aber als Schimpfwort

Wir lecken uns die Wunden nach dem Trump-Wahlsieg und entwerfen allerlei apokalyptische Szenarien … naja gut, streng genommen hat Trump sie entworfen und wir liefern nur die Textur. Es ist … ach, hört selbst.

Wegen technischen Problemen gab es leider keinen Livestream. Wir bitten um Entschuldigung und geloben Besserung.

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12 Gedanken zu „WMR106 – Präsidial, aber als Schimpfwort

  1. Ich finde es sehr interessant, Eindrücke direkt von vor Ort zu bekommen, das hilft sehr die Soren, Ängste und Befürchtungen die jetzt in den USA herschen, besser zu verstehen.

    Zu Bernie Sanders:
    Sicher, wir wissen nicht, ob er eine bessere Chance gehabt hätte. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es so ist und zwar deshalb. (1) Gegen Sanders hätte Trump keinen „Anti-Establishment“-Wahlkampf machen können; ich vermute dies war ein starkes Momentum gegen Clinton. (2) Clinton hat ihre Kampagne, wenn ich es richtig mitbekommen habe – auf drei Säulen gebaut: „Ich habe soviel Erfahrung, wie kein Kandidat ja zu vor.“ „Nur ich gebe Euch die Chance, dass endlich mal eine Frau Präsidentin wird.“ „Trump ist schlimm.“ Ich habe den Eindruck, dass diese Punkte nicht ausreichten, die Wähler zum Urnengang zu bewegen. Clinton ist extrem unbeliebt auch unter ihren potentiellen Wähler und zu sagen, ich habe 30 Jahre Erfahrung ist nichts anderes als „ich bin Establishment“ zu sagen. Diese Menschen haben zwar nicht Trump gewählt, sie haben einfach gar nicht gewählt. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, hat sie 7 Mio. Stimmen weniger bekommen, als Obama. Sanders hätte – so zumindest meine Vorstellung – einen mehr Themen bezogenen Wahlkampf gemacht – Studienkredite, Mindestlohn, etc.. Sicher, er galt als Sozialist, aber dass es ein großes Wählerpotential für ihn gab, haben die Vorwahlen gezeigt. Die Hardcore-Republiker hätte er damit nicht überzeugen können, aber die kann kein Demokrat. Außerdem, er bezeichnete sich selbst so und deshalb wäre der Vorwurf von Trump dann vermutlich ins Leere gelaufen. Ich könnte mir vorstellen, hätte er eine Chance gehabt, mehr Menschen zu mobilisieren, weil die Ablehnung doch nicht so groß gewesen wäre, wie sie gegen Clinton war.

    Vor ein paar Wochen hieß es, dass die Republikanische Partei durch Trump in Trümmern liege. Ich fürchte, sie ist nun gestärkter denn je und die Demokraten müssen sich vorwerfen lassen, strategisch falsch gehandelt zu haben und nun einen Scherbenhaufen vor sich haben.

    Zu Meinungsumfragen/Filterblase:
    Das folgende bitte nicht als Kritik an Euch auffassen oder denken, dass ich mich besonders schlauf fühle.

    Ich weiß nicht woher es kommt, aber für mich war das Rennen immer knapp und ich war nicht sehr überrascht, dass Trump gewonnen hat. Ich weiß nicht, woher es kommt, dass die meisten in meiner Umgebung, die meisten Podcast, die ich hörte und die meisten Artikel die ich las, immer davon überzeugt waren Clinton gewinnt. Mein Problem ist, dass ich gern verstehen möchte, ersten warum ich ein anderes Gefühl über die Chancen von Trump hatte und zum zweiten, woran es lag, dass die meisten eine Art Blindenfleck gegenüber Trumps Chancen hatten. Ich frage mich nämlich, gibt es diese Voreingenommenheit übertragen auf Deutschland auch, in Bezug auf die AfD z.B.? Ich möchte nicht am Wahlabend feststellen müssen, dass die AfD mit über 20% zweitstärkste Partei im neuen Bundestag sein wird. Dieses Erwachen, diese Erkenntnis, hätte ich lieber vorher, wenn man noch gegensteuern kann und nicht erst wenn es zu spät ist.

    Ihr habt auch gesagt, dass alle Meinungsumfragen, einen Sieg von Clinton vorhergesagt haben und wie hätte man es dann besser wissen können. Aber vielleicht ist dies genau das Problem, dass wir wie verrückt auf die Umfragen schauen und meinen, sie würden die Realität widerspiegeln. Wir haben viel zu viel Vertrauen in die Zahlen und Daten und ich denke, hier liegt auch ein gewisses Medienversagen. Auch die Medien haben fast nur auf diese Daten und Zahlen geschaut. Vielleicht wäre es aber viel hilfreicher gewesen, sich die Situationen vor Ort anzusehen, sich mit den Menschen zu befassen, mit jenen, die abgehängt sind, mit den Trump-Unterstützern und eben nicht nur mit den Clinton-Unterstützern, die einem im eigenen Weltbild im eigenen Vorurteil bestätigen. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, hat sich Michael Moore mit diesen Menschen auseinandergesetzt und er kam zur Überzeugung, dass Trump gewinnen wird. Klar, kann einfach nur Zufall sein, aber vielleicht liegt es auch an der anderen Perspektive, die er eingenommen hat. Und hier komme ich auch noch mal auf Sanders zurück, er hätte vielleicht genau diese Menschen abholen könne, bei ihren Problemen und Sorgen, weil er hingeschaut hätte, im Gegensatz zu Clinton, die das nicht tat und deshalb blind für diese „Gefahr“ war.

    • Ehrlich gesagt fühle ich mich nicht so wirklich “vor Ort”, weil Kalifornien eben schon ein ganz eigenes Biotop ist. Andererseits : wo genau ist schon “vor Ort” in einem Land das einen halben Kontinenten einnimmt.

      Zu Sanders: wir werden es vermutlich nie erfahren, aber vielleicht hast du recht. Für viele Liberale war Clinton (unter Bauchschmerzen) die Kandidatin des Fortschritts, weil sie eine Frau antrat und weil Trump halt und Republikaner halt, und im Vergleich zu denen ist ja jeder fortschrittlich. Aber offensichtlich war für viele Menschen genau das Gegenteil der Fall, was ja durchaus auch nachvollziehbar ist, wenn man sieht wie lange sie schon an der Macht ist. Und ja, aus der Perspektive wäre Sanders vermutlich der bessere Kandidat gewesen. Dieses “Change” Narrativ Obamas scheint doch lange nachzuhallen: wir linkeren haben ein Stück weit unseren “Change” bekommen, während viele Menschen die auf Change gehofft haben das immer noch vergeblich tun.

      Zum Wahlausgang: ja, das es knapp wird ahnte man schon. Mein Bauch war die ganze Zeit nervös, woraufhin ich beschloss mich auf die Umfragen zu konzentrieren, was es auch nicht wirklich besser gemacht hat. Ich fand die Umfragen auch weitgehend plausibel. Das Trump z.B. nach den Debatten so wegbrach stimmte total mit meiner Wahrnehmung überein: mir fiel während der ersten Debatte auf, dass ich das erste mal überhaupt Trump außerhalb von Soundbites reden hörte. Und ich dachte mir so: der redet ja wirklich die ganze Zeit solchen Blödsinn, nicht nur zwischendurch mal in seinen schlechten Momenten. Und es schien mir total plausibel, dass das auch vielen Amerikanern auffiel und sie ihre Wahl entsprechend anpassten. Die Briefwähler passten ins Bild. Es passte einfach alles ziemlich gut zusammen, dass das vielleicht ja alles doch nicht so knapp werden könnte. Ich kann mir durchaus auch vorstellen, dass das Clinton den Sieg gekostet hat, weil sich ihre potentiellen Wähler halt zu sicher waren.

      Zur AfD: Wenn nicht ein Wunder geschieht wird die AfD bei den Bundestagswahlen sehr gut abschneiden.

  2. Ich höre aktuell noch die Folge und gerade habt ihr über Peter Thiel geredet – Max, wie sieht denn deine Position jetzt aus, wo Thiel einen Posten in Trumps transitional board bekommen hat?

  3. Na ja, warten wir erst einmal ab, vielleicht wird’s alles nicht so dramatisch wie gedacht, abgesehen davon, wenn schon republikanischer Präsident, dann doch am Liebsten Trump. Alle restlichen Kandidaten hatten ja wohl noch ne ganze Latte mehr einen an der Waffel.

    • Klar, erst mal abwarten. Was soll schon schief gehen mit einem sexistischen Rassisten, der einen Faschisten zu seinem wichtigsten Berater gemacht hat und schon nach einer Woche über Zentralregister und Internierungslager für Andersgläubige redet?

      • Ja, mag sein, dass die U.S.A. jetzt mit D.T. in den totalen Fascho-Staat ala 1984 abrutschen oder so was ähnliches…keiner weiß es….Aber ernsthaft, wem hilft Panik jetzt weiter. Und wenn ich das politische System in den Staaten richtig verstanden habe, hat der Präsident bzw. die U.S.Bundesregierung innenpolitisch begrenztere Befugnisse als z.B. Berlin. Da haben doch zu einem Großteil die einzelnen Bundesstaaten das Sagen. Oder liege ich da falsch ? Aussenpolitisch hat die Wahl D.T. wahrscheinlich eher Konsequenzen, aber da kann ich die allgemeine Untergangsstimmung noch weniger nachvollziehen.

  4. Oh man, ich wollte mich nur für diese Folge bedanken und im besonderen bei Michael für seinen Betrag zur globalen Klasse und nach 6 Tage nach erscheinen der Folge sind die Kommentar spalten durch weg explodiert und geschlossen.

    Danke Michael für deinen Artikel, ich habe ihn jetzt einmal bei dir gelesen und noch mal im Tagesspiegel und ich finde er beschreibt genau das was ich bisher nie in Worte verpacken konnte aber selbst in meiner Familie erlebe.

    Ich möchte auch dir danken Max für deine Sicht der dinge direkt aus Amerika, das war auch sehr Spannend.

    Das ist eine Folge die mich noch lange beschäftigen wird, nicht nur weil ich gerade die „Kaderschmiede“ für „junge“ Menschen der Linke durchlaufe.

    Mit solidarischen Güßen
    Benjamin.B.

  5. Die Prognose das Taiwan jetzt leiden muss war ja ganz super. TOP LEL. Trump als erster Präsident seit Jahren redet wieder direkt mit der Führung in Taiwan.

    Soviel dazu. Da hab ich dann auch schon abgeschaltet; soviel Unsinn und dummes Gerede.

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