Quasi in einer eilig zusammengerufenen Sitzung haben wir das eine Thema besprochen, das gerade zurecht alle Gemüter erhitzt. Der Brexit ist das wohl weitreichendste politische Ereignis in diesem Jahrzehnt. Eine Art Elfter September, nur statt in ein Hochhaus, ins eigene Knie. Ja, hier wird Geschichte geschrieben und alle wollen mitschreiben. Oder mitreden. Wir jedenfalls mussten reden. Miteinander. Darüber. Klar.
– Lage der Nation über Brexit.
– Planet Money über das selbe Thema.
Mir stellt sich eine ganz grundsätzliche Frage: Was für eine Restlegitimation hat eine Demokratie noch, wenn sie mit großem Tamtam eine Volksabstimmung anberaumt, verspricht dass die Ergebnisse sofort umgesetzt werden und sich dann, wenn das ungeliebte Ergebnis da ist, weigert die Versprechen einzusetzen. Cameron hat niemand dazu gezwungen das Referendum abzuhalten. Wen soll die pro-Brexit Fraktion in der Bevölkerung denn das nächste mal noch wählen?
Und wie soll man einer EU vertrauen, die schon wieder so mit sich umgehen lässt? Ich fürchte, das ist mindestens genau so politischer Selbstmord.
Ich weiss nicht. Wenn die Hauptangst ist, dass die EU komplett auseinander fliegt, Frankreich und Co nachziehen… Dann sind all die Winkelzüge und Tricks, um die Briten drin zu behalten, doch am Ende nur Wasser auf die Mühlen von Le Pen, Wilders und Co.
Ich will keine Winkelzüge um die Briten drin zu behalten. Aber ich will, dass es ihnen die EU leicht macht ihre Meinung zu ändern.
Also noch mehr Extrawürste für die Engländer?
Man mag mir ein gewisses Maß an Zuspitzung zugestehen. Aber wenn man ein Referendum unter diese Vorzeichen und Vorreden initiiert, ganz klar sagt dass es als bindend zu verstehen ist und sich die Politiker – v.a. der Tories – daran halten werden, finde ich es schon legitim zu fragen wie der Zustand der Demokratie ist, wenn man nach eben diesem Votum einen Ausweg sucht um eben jene Entscheidung zu umgehen.
Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, ein differenzierteres Votum abzuhalten. Ich finde es auch demokratietheoretisch problematisch, die gesamte Bevölkerung über ein solch komplexes Thema abstimmen zu lassen – darum haben wir uns in westlichen Demokratien für die repräsentative Form entschieden.
ABER: Wenn man wie Cameron all in geht, muss man meiner Ansicht nach mit den Konsequenzen der eigenen Entscheidung leben. Da hat ihn niemand zu gezwungen und da wird man nicht herauskommen, ohne die Demokratie generell in Frage zu stellen.
Es wurde gesagt, dass ihre aktuelle Meinung umgesetzt wird. Niemand sagt, dass es keine Möglichkeit geben kann, dass sie in einigen Jahren wieder eintreten. Aber alles andere sind für mich verkürzt nichts anderes als Winkelzüge, um den eigenen Versprechen auszuweichen, und das halte ich für gefährlich.
Also soll jetzt ein ganzer Kontinent leiden, weil sich eine handvoll Politiker verzockt haben?
Und das sie nicht in ein paar Jahren wieder eintreten können: doch, das sagt jeder.
Mag sein, dass das gefährlich ist. Aber ich halte es für wesentlich gefährlicher die Zukunft eines ganzen Kontinents wegen sowas zu gefährden.
(Abgesehen davon: was soll die EU denn machen? Außer abwarten bleibt ihr ja eh nicht viel.)
Um es mit dem wohl seltensten Satz im Internet zu sagen: Ich weiss es doch auch nicht. Das ist doch das unbefriedigende daran. :/
Auf vielen Ebenen lichtet sich der Nebel ja grade erst und wird erst deutlich, was das alles eigentlich bedeutet, was die Szenarien und so sind. Nach heutigem Stand würde ich einmal vermuten, dass man sich um die Personenfreizügigkeit beispielsweise erstmal keine Sorgen machen muss, weil die Personenfreizügigkeit untrennbar an den freien Handel gebunden ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Briten das riskieren werden, weil dann Zölle eingeführt würden.
Ein plausibles Szenario hat Sven Giegold in der aktuellen Ausgabe der Lage der Nation beschrieben: Irgendwann wird die britische Regierung Artikel 50 auslösen, weil der politische Druck so groß ist. Dann beginnt die 2 jährige Verhandlungsphase und im Laufe dieser Verhandlungen könnten die Briten dann irgendwann ihren Antrag zurückziehen, bis dahin hätten sie dann vielleicht auch die Möglichkeit Argumente vorzubereiten warum es keine kluge Idee wäre auszutreten. Das halte ich jedenfalls für ein Szenario, mit dem alle Seiten leben könnten.
Aber es bleibt dabei: Nichts genaues weiss man nicht und vieles wird sich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen…
„Max! Wir .. diddd dd tsd dnnnnn“ *kling*
Best start ever!
Finde momentan die Stelle nicht mehr, an der ihr den Oxford-Podcast genannt habt, der sich beim Thema Brexit doch ungewöhnlich betroffen gezeit hat.
War es dieser¹ (habe noch nicht wirklich hineingehört), und wenn nein, wo finde ich diese eure Empfehlung?
¹ http://novaramedia.com/category/fm/
Danke sehr! Den habe ich auch gesucht 🙂