WMR161 – Macht, Interdependenz und Kapitalismus

Wir haben uns mal wo ganz anderes getroffen und mit ganz anderem Equipment ganz andere Dinge aufgenommen. Mit Katze, Bier und H6. Ab der zweiten Hälfte wird es schlimm philosophisch und wir nehmen den Kapitalismus auseinander. Das wird er nicht überleben!

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2 Gedanken zu „WMR161 – Macht, Interdependenz und Kapitalismus

  1. Aufnahmequalität: ka ma nich mekkern

    Eine Anmerkung zu euren historischen Ausflügen über das Verhältnis der ehemaligen Kolonien zum Westen:
    Auffällig ist, dass der real existierende Sozialismus, damals eine mächtige Gestalt der Weltpolitik, nicht als relevante Größe vorkommt. Es war nämlich so, dass für ca 1/3 der Staaten der Welt nicht die Werte des Westens (Demokratie, Menschenrechte) Orientierungspunkt war, sondern die Werte Moskaus oder Pekings (Sozialistische Weltrevolution). Viele dieser Staaten haben dann auch nicht (nach der Dekolonialisierung) den bürgerlichen Nationalstaat implementiert, sondern die sozialistische Volksrepublik.
    Warum ist diese untergegangene Episode der Weltgeschichte heute noch relevant?
    Ich vermute, dass man den Aufstieg Chinas zur weltpolitischen Größe vor diesem Hintergrund besser versteht. China versteht sich immer noch als ein sozialistischer Staat. Wo für uns im Westen ein epochaler Bruch ist, besteht für die chinesische Führung Kontinuität. Sie haben nicht ihr System geändert, sondern nur ihre Politik korrigiert. Statt maoistischer Kollektivierung betreibt man jetzt eine Variante von Lenins NÖP. Das Ganze bleibt aber im Rahmen der sozialistischen Weltanschauung.
    Wir hier im Westen können diese Erzählung für eine blöde ideologische Lüge einer dem Untergang geweihten Diktatur halten, jedoch könnte es sein, dass dieses Urteil durchaus ignorant ist.

  2. Zu Max‘ Ausführungen zu Evolutionsbiologie: für die Behauptung, dass Menschen sterben, damit sie so zum Wohl der Gruppe beizutragen / um für Austausch zu sorgen gibt es keine guten evolutionsbiologischen Argumente oder Evidenz. Gegen Gruppenselektionsargumente dieser Art gibt es viele logische und mathematische Gegenargumente (z.B. der erste Mensch mit einer Mutation, die ihn nicht sterben ließe, wäre extrem im Vorteil und könnte Millionen Kinder zeugen, die auch nicht sterben). Generell ist die Debatte um verschiedene Formen der „Gruppenselektion“ nicht komplett ausgefochten, die etwas nuanciertere Multilevel-Selektionstheorie, die Michi hier auch anspricht, hat etwas mehr Verbreitung, ihr Geltungsbereich ist aber ebenfalls eher umstritten (siehe hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Group_selection#Multilevel_selection_theory)

    Für die Frage, warum wir altern und letztendlich sterben, statt ewig zu leben und immer mehr Nachkommen zu zeugen, gibt es bereits mehrere befriedigende Antworten (siehe hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Senescence#Evolutionary_theories_of_aging). Die populärste ist hier gut mit dem ersten Satz zusammengefasst: „Natural selection can support lethal and harmful alleles, if their effects are felt after reproduction.“ Soll heißen: Gene, die uns Krebs bescheren oder Alzheimer oder Herzinfarkte oder eben den Prozess des Alterns selbst, werden genau deswegen nicht wegselektiert, weil sich ihr negativer Effekt erst bemerkbar macht, nachdem wir uns fortgepflanzt (und die entsprechenden „schlechten“ Gene bereits weitergegeben) haben. Insbesondere sterben diese Gene dann nicht aus, wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt in der Individualentwicklung einen Selektionsvorteil bedeuten (was sie, gemäß dieser Theorie, häufig tun und für Einzelfälle ist das auch schon nachgewiesen). Diese Hypothese lässt sich übrigens nicht nur auf das Sterben von Menschen anwenden, sondern von allen Organismen.

    Zu Max’s Scherz, dass Heringe Riesengehirne haben müssten, wenn Gruppengröße und die Größe des Gehirns miteinander korrelieren: das ist gar nicht so falsch und illustriert ganz gut die Absurdität vieler solcher Studien. In den meisten Korrelationsstudien wird von vornherein die Größe des Gehirns ins Verhältnis zur Größe des Organismus gesetzt, oder es wird das Verhältnis von Neokortex zum Rest des Gehirns verwendet oder was auch immer gerade in Mode ist. Theorien gibts da viele, warum jetzt genau dieser eine spezifische Selektionsfaktor (z.B. die Notwendigkeit, das Leben in sozialen Gruppen zu navigieren oder die Notwendigkeit, sich mit Werkzeugen sein Futter zu beschaffen) über möglichst viele Spezies angeblich korrelieren sollte mit genau diesem einen anatomischen Platzhalter für „Intelligenz“ (z.B. Neocortex-zu-Kortex-Verhältnis, Größe des Hippocampus). Wenn man lange genug sucht, findet man da viele tolle Korrelationen, insofern sollte man solche Theorien mit ein bisschen Vorsicht genießen…

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